Kommentar des LKR-Bundesvorsitzenden Jürgen Joost
Es ist in Deutschland „woke“, Regenbogenschals, Regenbogenarmbinden oder sonst etwas Buntes zu tragen, um damit für „Diversität“ zu demonstrieren. In einem Land mit Meinungsfreiheit, wo niemand wegen seines Geschlechts, wegen seiner Sexualität, wegen seiner Hautfarbe, wegen seiner Herkunft oder seiner Meinungen staatliche Sanktionen zu befürchten hat und Minderheiten, je lautstärker sie auftreten, häufig überproportional bevorzugt werden, ist dies eigentlich überflüssig – aber man macht sich in bestimmten Kreisen beliebt.
In Ländern, in denen man wegen seines Geschlechts, seiner Hautfarbe und seiner Herkunft Benachteiligungen, wegen seiner Sexualität oder wegen seiner Meinung Strafen zu befürchten hat, sieht es anders aus.
Zu diesen Ländern zählen Russland (WM 2018), China (Olympische Winterspiele 2021) und aktuell das dank fossiler Energieträger megareiche Wüstenemirat Katar. Katar beutet Gastarbeiter aus, die zum Teil in menschenunwürdigen Unterkünften unter sklavenartig anmutenden Bedingungen ausgebeutet werden und von denen bei Stadionbauten eine nicht genau zu beziffernde Zahl zu Tode gekommen ist. Katar unterdrückt wie fast alle islamischen Staaten Frauenrechte und stellt Homosexualität unter Strafe. Katar ist ein autoritärer Staat, in dem Meinungsfreiheit unterdrückt wird.
Deshalb wäre es mutig, als Einheimischer gegen die Zustände in Katar zu demonstrieren. Es ist keineswegs sonderlich mutig, als westlicher Besucher, Funktionär oder Spieler ein Zeichen von Solidarität zu zeigen. Alles, was droht, sind ein paar Unannehmlichkeiten sowie für Spieler eine mögliche Verwarnung oder die Mannschaft ein möglicher Punktabzug durch den Weltfußballverband FIFA mit seinem überaus dubios wirkenden Präsidenten Infantino.
Mehrere europäische Teilnehmer, darunter Deutschland, wollten „Zeichen setzen“, in dem sie ihre Mannschaftskapitäne bunte Binden mit dem Zusatz „one love“ tragen lassen wollten. Diese Binde wurde geradezu zu einem Symbol des Widerstandes hochstilisiert und höchste Erwartungen geschürt. „Wir sind die Heiligen, wir sind das Licht in der Finsternis.“ Nun ja. Lass sie doch, würde man sagen.
Allerdings hat das die FIFA auf den Plan gerufen, mutmaßlich auf Befehl des Emirs von Katar, in dessen Hauptstadt Doha besagter FIFA-Boss Infantino seit mehreren Monaten seinen Wohnsitz hat, von wem auch immer bezahlt. Man droht den europäischen Teams mit nicht näher benennten sportlichen Sanktionen, wenn man besagte Kapitänsbinden tragen sollte.
„Na und?“ wäre die zu erwartende Reaktion von echten „Heiligen“ gewesen. Wenn man es tatsächlich seitens der FIFA wagen sollte, solche Maßnahmen zu ergreifen, die in den sportlichen Ausgang des Turniers eingreifen, wäre das doch geradezu ein willkommener Effekt. Dann wäre die FIFA vor der Weltöffentlichkeit blamiert, der sportliche Wert des ganzen weiteren Turniers null und nichtig.
Genau davor aber schrecken der DFB und die Spieler zurück. Und damit entlarven sie nicht die FIFA, sondern stattdessen sich selbst. Das ganze „Regenbogen“ und „Diversitäts“-Gerede, das uns in Deutschland wohlfeil präsentiert wird, ist eine billige Effekthascherei ohne jegliche Substanz, um sich in „woken“ Kreisen beliebt zu machen. Wenn es darauf ankommt, fällt man lieber um. Dann möge man doch bitte ehrlich bleiben und es gleich ganz lassen. Dann möge man doch zugeben, dass es tatsächlich nur um eine heimische Marketingstrategie geht. Man ist eben keineswegs „heilig“, sondern ausgesprochen scheinheilig.
Für die Politik allerdings gilt: Wenn weiterhin von internationale Verbänden Großveranstaltungen in Länder vergeben werden, in denen die universellen Menschenrechte nichts gelten, dann sollte jede staatliche Förderung der Teilnahme und der Vorbereitung unterbleiben. Politiker sollten nicht auf Staatskosten „vorbeischauen“.
Die europäischen Sportverbände ihrerseits sollten die Teilnahme verweigern. Ohne diese europäischen Teilnehmer wären die Wettbewerbe sportlich entwertet. Vor allem aber: Die Vermarktung dieser Ereignisse würde zusammenbrechen. Dies knallhart durchgezogen würde den Spuk von Propaganda-Spielen sehr schnell beenden. Es wäre das Ende der Scheinheiligkeit und ein Triumph für die Ideale des Sports.
Vermutlich aber ist die Gier der Funktionäre am Ende wichtiger als alle Prinzipien.