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Ja, darf der das?

Kommentar unseres Bundesvorsitzenden Jürgen Joost zur Debatte um den WamS-Beitrag des Tech-Milliardärs und Trump-Beraters Elon Musk:

Elon Musk hat wieder zugeschlagen und sich – dem Vernehmen nach auf Einladung von Springer-Chef Matthias Döpfner – in der „WELT am Sonntag“ in die deutsche Politik eingemischt. Seitdem erleben wir die typische Debatte, ob sich Elon Musk inklusive einer Wahlempfehlung für die AfD zur deutschen Politik äußern und ob die WamS das überhaupt veröffentlichen darf.

Meinungs- und Pressefreiheit 

Um es vorweg zu nehmen: Natürlich darf er es äußern. Natürlich darf die WamS es veröffentlichen. Wir leben in einem freien Land. Da muss man auch Meinungen ertragen, die einem nicht passen. Nur so funktioniert Freiheit, nur so funktioniert Demokratie. 

Man kann sich mit dem Inhalt auseinandersetzen. Man darf ihn kritisieren, zur Not auf das Heftigste. Aber doch nicht ernsthaft in Frage stellen, ob die Veröffentlichung an sich erlaubt sei. Meinungs- und Pressefreiheit gilt nicht nur für Rote und Grüne.

Heuchelei und Bigotterie

Wenn ich mich recht entsinne, äußern sich deutsche Bürger, deutsche Publizisten und deutsche Politiker zu allem und jedem, und keineswegs nur zu dem, was innerhalb unserer Grenzen stattfindet. 

Wenn sich jetzt dieselben Medien empört wegen Musk zu Wort melden, denen es vor zwei Jahren als vollkommen legitim und in Ordnung erschien, die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als eine Art weibliche Reinkarnation von Benito Mussolini zu brandmarken – was für ein horrender Schwachsinn – und die sie teilweise auch heute immer noch als „rechtsextrem“ diffamieren, dann ist das an Heuchelei und Bigotterie nicht zu überbieten.

Oder man beachte die von Wunschdenken geprägte Berichterstattung deutscher Medien über die US-Wahlen. Bevor man auf Elon Musk, Matthias Döpfner und die WELT eindrischt, bitte ich doch zunächst einmal die eigenen Leichen aus dem Keller zu holen. 

Richtige Diagnose, tödliche Therapie

Noch einmal: Natürlich darf sich Elon Musk zur deutschen Politik äußern. Vieles, was in seinem WELT-Artikel zu lesen war, trifft im Übrigen den Nagel auf den Kopf. Seine Diagnose ist weder neu noch originell, aber sie trifft zu:

„Deutschland hat seine Grenzen für eine sehr große Zahl an Migranten geöffnet. Dies geschah zwar in humanitärer Absicht, führte jedoch zu bedeutenden kulturellen und sozialen Spannungen.“

Oder: „Eine Nation muss ihre Grundwerte und ihr kulturelles Erbe bewahren, um stark und geeint zu bleiben.”

Nichts davon ist falsch, nichts davon verwerflich. Ähnliches wurde schon von vielen gesagt und geschrieben, jetzt also auch von Elon Musk. 

Allerdings nützt die beste Diagnose nichts, wenn im selben Atemzug die schlechteste Therapie verordnet wird. Hätte Musk es bei der Diagnose belassen, wäre er ein Philosoph geblieben. So fokussiert sich alles auf die falsche Therapie.

Hier fehlt es ihm – was nicht verwunderlich ist, er hat nebenbei auch noch anderes zu tun – an der tiefergehenden Kenntnis der AfD und ihrer Entwicklung von einer ursprünglich liberal-konservativen zu einer völkisch-nationalistisch dominierten Partei. Offensichtlich versteht er von der AfD in etwa genauso viel wie ich von der Konstruktion einer SpaceX-Rakete. Allerdings würde ich mir nicht die Blöße geben, mich zu technischen Einzelheiten von Raumfahrzeugen zu äußern.

Mit seiner Wahlempfehlung für die AfD verordnet er zur Bekämpfung einer schweren Lungenentzündung die Pest. Spätestens hier sollte der deutsche Patient eine zweite Meinung einholen. 

Qualitätsjournalismus

Und diese zweite Meinung wurde der Musk-These vom neuen WELT-Chefredakteur Jan Philipp Burgard direkt entgegengestellt. Er bleibt im medizinischen Bild, wenn er schreibt: „Musks Diagnose ist korrekt, doch sein Therapieansatz, nur die AfD könne Deutschland retten, ist fatal falsch.“ Er bezeichnet die AfD als „eine Gefahr für unsere Werte und unsere Wirtschaft. Auch ein Genie kann sich irren.“ Anmerkung von mir: die deutsche Sprache verwendet zu Recht für „Intelligenz“ und „Klugheit“ unterschiedliche Wörter.

Zur WELT am Sonntag: Ich habe einen Meinungsartikel, dem eine andere Meinung als journalistische Einordnung gegenüber steht. Das macht Qualitätsjournalismus aus. Was will ich als Leser mehr? 

Das Gegenstück

Noch eine Bemerkung zum Thema „Plattform bieten“: die WamS ist ein privatwirschaftliches Medium. Ob ich sie lese und dafür bezahle, ist meine freie Entscheidung. Im öffentlich rechtlichen Fernsehen, für dass ich Beiträge bezahlen muss, ob ich will oder nicht, ist in den vergangenen Jahren dem linksradikalen Gegenstück zur rechtsradikalen AfD, einer gewissen Sarah W., fast bis zum Erbrechen die Gelegenheit gegeben worden, ihre kruden Thesen einem Millionenpublikum zu präsentieren. Ohne diese geschenkte Werbezeit im zweistelligen Millionenwert wäre die Dame vermutlich eine politische Petitesse. Wenn wir darüber reden, was Medien dürfen oder nicht, dann bitte bei solchen, über die wir nicht mit dem Geldbeutel abstimmen können.

Goethe über Musk

Im Übrigen kann ich mir selbst ein Bild machen. Elon Musk ist eine herausragende unternehmerische Persönlichkeit. Er hat eine politische Meinung und die Möglichkeit, sie kundzutun. Seine Ansätze zum Bürokratieabbau in den USA sind bemerkenswert und weisen auch für Deutschland in eine grundsätzlich richtige Richtung. Andere Äußerungen finde ich skurril, die über die AfD selten dämlich. Aber er ist weder Gott noch allwissend. Und wie formulierte es ein anderes Genie mit anderen Begabungen so schön? „Es irrt der Mensch, so lang er strebt.“

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